In 2 Wochen ist es so weit, endlich – mit einem Jahr Verspätung, viel Unsicherheit und, seit neustem, leider ohne Publikum starten die Olympischen Sommerspiele – NICHT…die Sommerolympiade. Korrekt ist eine Olympiade nämlich der Zeitraum zwischen 2 Olympischen Spiele.
Spiele ohne Olympischen Geist
Wegen der Covid-19-Pandemie ist der Event auch ein Jahr später nur ein Schatten seines originalen Selbst. Während die Olympische Bewegung vor allem volksverbindend und friedenstiftend sein will, ist auch heuer Abstand und Sicherheit gefragt. Athleten dürfen sich nur für einen sehr kurzen Zeitraum im offiziellen Gelände und auf den Anlagen aufhalten und müssen täglich zum Covid-Test antreten. Diese Woche wurde entschieden, dass nicht nur kein internationales sondern absolut ohne Zuschauer gefahren wird. Während also für gewöhnlich der Olympische Geist beschwört wird, müssen wir uns für einmal mit Geisterspielen begnügen.
Sinn oder Wahnsinn?
Auch unter dieser Prämisse bin ich froh, dass die Spiele trotz allem durchgeführt werden. Einerseits hat das mit dem unglaublichen Symbolcharakter zu tun, den Olympia jeweils hat. Er zieht weltweit die Fans in Bann und gibt Hoffnung, Motivation und Passion in einer Zeit, die von Unsicherheit, Abstand und Ängsten geprägt ist.
Viel mehr noch geht es mir aber auch um Athleten von Sportarten, die jeweils nur zu Olympia einen würdigen Auftritt erhalten. Die Kanuten, die Schützen, die Mehrkämpfer und viele andere. Viele haben sich durchgerungen nochmals einen Olympiazyklus – oder eben eine Olympiade – weiterzumachen und ihre Existenz auf dieses dünne Seil gestellt. Darum machen meiner Meinung nach auch Geisterspiele mit Sicherheitskonzept absolut Sinn.
Mentale und klimatische Sonderbelastung
Für die Athleten vor Ort ist der ganze Extrazirkus mit Corona Tests, knappem Timing, schwieriger Akklimatisation bei extra harten klimatischen Bedingungen eine echte Challenge. Tokyo hat zur Zeit ein sehr heisses, feuchtes Klima. Diese Spiele werden mit grosser Sicherheit zur historischen Hitzeschlacht.
Athleten haben im Vorfeld in Klimazelten trainiert, um die Bedingungen vor Ort zu simulieren (ca. 35 – 40° und 80% relative Feuchte). Hilfsmittel wie Eiswesten, Eisbäder, kühlende Sportgetränke mit Menthol oder sogenannte Ice-Slushies (dickflüssige Drinks aus crushed ice, Kohlenhydraten u/o Protein) sorgen zusätzlich für Kühlung von innen und aussen. Der Körper heizt unter Höchstleistung und entsprechenden Bedingungen sehr stark auf. Eine Kerntemperatur von über 41°C wird erreicht und reduziert die Leistungs- und Erholungsfähigkeit dramatisch.
Darum werden die Teams neben sehr viel eigener Infrastruktur (viele Nationen meiden den allgemeinen Athleten-Space und versorgen ihre Sportlerinnen und Sportler komplett autark) auch noch Eiswannen, Eismaschinen und viele Blender mit dabei haben.
Wer am besten mit diesen wilden Herausforderungen klar kommt, wird Edelmetall nach Hause bringen. Und wenn gleich auch nicht vor Massen live gefeiert, kann man getrost sagen, dass es nicht nur einen der hitzigsten Kämpfe um Gold geben wird, sondern auch den weitaus komplexesten.
Das grösste Swiss Team aller Zeiten
Grund zur Freude hat auch die Schweizer Delegation. Einmal mehr leitet Ralf Stöckli (Ex-Curling-Olympia-Bronzesieger, Vancouver 2010) die Schweizer Athleten an die Spiele. 116 an der Zahl sind es 2021 – mehr als je zuvor. Dies verdanken wir einer guten Vertretung in neuen Sportarten wie BMX und Klettern und einer neuen Breite in etablierten Sportarten wie Leichtathletik. Zu den grössten Titelanwärtern gehören auf jeden Fall die Triathletin Nicola Spirig, die Mountainbiker, angeführt von einem entfesselten Matthias Flückiger und dem noch etwas unterdotierten Nino Schurter, der Karateka Elena Quirici, der Sportkletterin Petra Klingler und dem Zeitfahrspezialisten Stefan Küng. Olympia lebt aber genau so von der Breite und den Sportarten, die man sonst kaum in den Schlagzeilen sieht. Darum seien hier auch die Schweizer Fechter, die Schützen und Reiter nicht zu vergessen. Von letzterem verstehe ich nicht so viel – ich empfehle zwar meinen Athleten auch Hafer, aber damit sind die Parallelen zu den Pferden auch schon durch.
Ich bin schon extrem gespannt und freue mich auf die Spiele – mit gewissen Athleten fiebere ich extrem nahe mit, wünsche aber grundsätzlich allen Teilnehmern nur das Beste, unvergessliche Momente und, dass jede und jeder ihr Potenzial abrufen kann.