Es begann mit einem verzweifelten US-College Football-Coach und seinem Kollegen, dem Chemie-Professor Robert Cade. In den tropischen Bedingungen Floridas zeigten die Spieler der Florida Gators immer wieder Müdigkeit und Krampferscheinungen, weshalb der Energie- & Flüssigkeitsversorgung spezielles Augenmerk geschenkt wurde. Der Chemikus Cade mischte Zucker und Kochsalz ins Spielergetränk und erschuf damit kurzum «Gator-ade» – später das erste kommerzielle Sportgetränk der Welt.
Heute, 58 Jahre danach, ist die Sporternährung als seriöse Wissenschaft ihren Kinderschuhen entwachsen. Das Wissen zur Energieversorgung und dem Flüssigkeits- bzw. Elektrolytersatz während der Belastung ist deutlich gewachsen. Aber zwischen wohlklingendem Marketing und komplizierter Wissenschaft ist es schwierig geworden, seine effektiven Bedürfnisse zu erkennen. Ein versuch, das Wichtigste auf den Punkt zu bringen:
Carbs Carbs Carbs!
Sport braucht Kohlenhydrate (KH). Viel Sport braucht mehr davon – vor allem auch während der Belastung. Die Sollmengen sind nicht gezwungenermassen ausschliesslich durch ein Getränk zu erreichen, aber je intensiver die Belastung, desto flüssiger die Kohlenhydratversorgung – so werden Verträglichkeitsprobleme reduziert und die Energieaufnahme beschleunigt. Und so geht’s:
- Lockere Belastung unter 90 Minuten: Wasser oder 30g Kohlenhydrate pro Stunde (einfacher Zucker, Sirup, Sportgetränke-Pulver, maximal 8%-Konzentration = 80g/L)
- Lockere Belastung 90 – 180min: 60g KH/h (siehe oben)
- Lockere Belastung >180min: 80 – 120g/Stunde (Glucose: Fructose-Gemisch = 1:0.8 oder Stärkearten und Glucose/Fructose; max. 12%)
- Intensive Belastung (hartes Training /Wettkampf) >60’: 80 – 120g/Stunde (siehe oben)
Elektrolyte: Wirklich nötig und, wenn ja, welche?
Gatorade, um nochmals die Mutter aller Sportsdrinks zu bemühen, hatte stets geprahlt, am besten zu funktionieren, weil sie effizient Schweiss ersetzen würden. Schweiss, das hat jeder schon mal geschmeckt, ist salzig. Damit leuchtet ein, dass wir beim Schwitzen Elektrolyte (alle Mineralien, die in ihrer gelösten Form eine elektrische Ladung tragen) verlieren.
Viel zu lange wurden aber viele Elektrolyte überbewertet. Bei einer gesunden, ausgewogenen Ernährung benötigen wir einzig und allein Natrium in Sportgetränken (also Kochsalz, chemisch: Natriumchlorid).
Natrium hat viele, wichtige Aufgaben in unserem Körper, aber mit fast 70g haben wir auch reichlich davon. Für den Athleten zählt vor allem seine Rolle bei der KH-Aufnahme im Darm und seine osmotische Aktivität (Flüssigkeitshaushalt).
In einer jüngsten Arbeit wurde geschaut, wann wir effektiv überdurchschnittlichen Natrium-Nachschub benötigen und damit, dem Märchen vom drohenden Salzmangel etwas der Zahn gezogen. Ob du künftig weiterhin Salztabletten in Serie schlucken brauchst oder ob die 500 – 700 mg Natrium pro Liter eines modernen Sportgetränks ausreichen soll hier knapp erklärt werden:
Belastungsdauer < 4 Stunden:
Normale Salzaufnahme ausreichend (kein zusätzliches Salz nötig durch überdurchschnittliches Zugeben, Salztabletten o.ä.)
Belastung > 4 Stunden:
- < 70% Schweissverlust ersetzt (die meisten Trainings-/Wettkampfverhältnisse!); kein zusätzliches Natrium nötig.
- > 70% Schweissverlust ersetzt (Ultra-Events, mehrtägige Formate); Kenntnis der Natriumkonzentration im Schweiss hilfreich (Laboranalytik). Liegt diese bei <1g/L (vermutlich 80% aller AthletInnen) ist kein zusätzliches Natrium nötig, wer hier obenaus schwingt, sollte 30 – 65% des absoluten Natrium-Verlustes ersetzen (errechnet aus der durchschnittlicher Schweissmenge, der durchschnittlichen Na-Konzentration und der Belastungsdauer).
Long sweat story short:
Bei allgemein genügender Energie- und Trinkmenge und einem guten Sportgetränk ist kaum extra Natrium nötig. AthletInnen, die sich in extremen Formaten u/o extremen Bedingungen bewegen, tun gut daran, Ihre Schweissrate genau zu ermitteln oder sogar mal die Na-Schweisskonzentration zu analysieren. Dies betrifft aber ganz klar eine ausgesprochene Minderheit.
PS: Krämpfe sind nur seltenst ein Zeichen von Mineralstoffmängeln! Hier zählt vorher eine ungenügenden Flüssigkeitsbilanz oder einfach eine für den Körper ungewohnte Belastungsintensität als Ursache – effektives Mittel dagegen ist Essiggurkenwasser zu trinken oder in eine sehr scharfe Chillischote zu beissen – viel Spass!
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Schwitzen im Champions League Final:
Ein aktuelles Beispiel aus dem Champions League Final eines Spielers von Manchester City zeigt beispielsweise, dass im feucht-warmen Klima am Bosporus in einer Stunde ganze 1.2 Liter geschwitzt werden und damit 780mg Natrium (das wären also 650mg/L).
Weil gerade in einer Profi-Partie mit wenig Unterbrüchen die Flüssigkeit kaum zu 70% ersetzt wird, benötigt besagter Spieler kein Extra-Natrium und sein normales Sportgetränk und ggf. feste Nahrung in der Halbzeitpause reichen aus.